oder: Wie viele Katholiken gibt es eigentlich?
Heute mal ein Text, den ich schon vor 14 Jahren geschrieben habe.
Zwei Fragen, die ich mir immer wieder stelle (und für mich eigentlich beantwortet habe). Die erste Frage, weil sich so viele Gläubige in der Kirche diese Frage stellen. Nicht zuletzt haben ja etliche kath. Theologen und Theologinnen einem offenen Brief (http://www.memorandum-freiheit.de/) zu Veränderungen aufgerufen, und somit die These in den Raum geworfen, dass dies möglich sei.
Und die zweite Frage: na ja, weil ich es nach katholischem Kirchenrecht schlicht für falsch halte von 25 Millionen Katholiken in Deutschland zu reden.
Ich bin da (wieder mal) auf etwas Interessantes gestoßen: §1364 des katholischen Kirchenrechts:
Can. 1364 — § 1. Der Apostat, der Häretiker oder der Schismatiker ziehen sich die Exkommunikation als Tatstrafe zu, unbeschadet der Vorschrift des can. 194, § 1, n. 2; ein Kleriker kann außerdem mit den Strafen gemäß can. 1336, § 1, nn. 1, 2 und 3 belegt werden.
Was genau Häresie ist, regelt:
Can. 751 — Häresie nennt man die nach Empfang der Taufe erfolgte beharrliche Leugnung einer kraft göttlichen und katholischen Glaubens zu glaubenden Wahrheit oder einen beharrlichen Zweifel an einer solchen Glaubenswahrheit; Apostasie nennt man die Ablehnung des christlichen Glaubens im ganzen; Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.
Die zu glaubenden Katholischen Wahrheiten sind besser bekannt unter „Dogma“, bzw. die Dogmen.
Nun, die meisten kennen das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes, oder der Jungfräulichkeit Marias, bzw. ihrer Himmelfahrt.
Es gibt aber etliche mehr, die frühen Kirchenfürsten waren da sehr eifrig und erfindungsreich. Um genau zu sein: Es gibt 245 Dogmen, zu finden hier:
https://kath-zdw.ch/maria/245.dogmen.html
Darunter sind auch einige sehr drollige, es lohnt sich, das zumindest mal grob durchzusehen.
Weitere Quelle: Josef Neuner – Heinrich Roos, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, neubearbeitet von Karl Rahner und Karl-Heinz Weger, Regensburg 1971, 13. Auflage 1992, mit Imprimatur.
Tja, und nach Can. 1364 in Verbindung mit Can. 751 ist somit jeder sofort exkommuniziert, der auch nur an einem Dogma zweifelt.
Die sofortige Exkommunikation erklärt sich in:
Can. 1314 — Die Strafe ist meistens eine Spruchstrafe, so daß sie den Schuldigen erst dann trifft, wenn sie verhängt ist; sie ist jedoch, wenn das Strafgesetz oder das Strafgebot dies ausdrücklich festlegt, eine Tatstrafe, so daß sie von selbst durch Begehen der Straftat eintritt.
So, kurz innehalten: Die Strafe tritt also von selbst, ohne extra Verkündung ein, sobald man an auch nur einem Dogma zweifelt. Nein, das ist keine Ironie, das ist gültiges katholisches Kirchenrecht, zu finden hier:
http://www.codex-iuris-canonici.de/indexdt.htm
Ach ja, noch eine kleine Ergänzung, aus https://www.katholisch.de/lexikon/977-exkommunikation
Sofern es sich jedoch um die Straftat der Apostasie, der Häresie oder des Schismas handelt, ist der Exkommunizierte auch nicht mehr Mitglied der Kirche im vollen Sinne (vgl. auch die Enzyklika Mystici corporis Pius XII.), bis er wieder losgesprochen ist (oder verstorben).
Kommen wir nun zu einigen sich ergebenden Implikationen.
Sagen wir mal, als Theologieprofessor möchte ich mich für mehr Demokratie in meiner Kirche einsetzen.
Da kommt nun Dogma „136. Christus hat seiner Kirche eine hierarchische Verfassung gegeben.“ ins Spiel. Dieser Professor ist in diesem Moment schon wegen seines Zweifels an der hierarchischen Ordnung exkommuniziert, kann sich also an der weiteren Diskussion über dieses Thema schon gar nicht mehr beteiligen.
Ein anderer Katholik meint, es müsse die Ökumene mehr gefördert werden. Protestanten erreichen schließlich auch das Himmelsreich, nur auf anderen Wegen. Tja, Pech gehabt. Hierzu gibt es Dogma „153. Die Zugehörigkeit zur Kirche ist für alle Menschen heilsnotwendig.“
Dieser Herr hat also ebenfalls keine Chance. Die Protestanten sind nun mal nicht Mitglied der Kirche. Und daran kann und darf kein Zweifel bestehen. So ist natürlich auch klar, dass außer den Katholiken keiner die Chance aufs Paradies hat.
Ob die Eucharistie zu Gedenken Jesu gefeiert wird, oder hier wirklich Brot zu Fleisch wird, da gibt’s auch keine erlaubten Zweifel: „179. In der Eucharistie ist der Leib und das Blut Jesu Christi wahrhaft, wirklich und wesenhaft gegenwärtig.“
Meine persönliche Hitliste der drolligsten Dogmen habe ich am Ende aufgeführt. Nach meiner Ansicht gibt es so gut wie keinen einzigen Katholiken, der nicht zumindest an einem dieser Dogmen zweifelt. Wer demnach behauptet, die katholische Kirche in Deutschland habe Millionen Mitglieder redet schlicht Blödsinn.
Diese Leute zahlen ihre Kirchensteuer wohl nur noch als „freiwillige Spende“. Eigentlich müsste eine Bestätigung dieses Sachverhaltes durch den Priester schon ausreichen, um die Kirchensteuerzahlung zu verweigern. Man muss nur dem Priester gegenüber deutlich machen, das man an dieses oder jenes Dogma nicht glaube. Einen extra Austritt braucht man dann wohl auch nicht zu erklären.
Also nochmals: Jeder der an der Verfassung der Kirche etwas ändern will, oder versucht sie auch nur ein bisschen in die Moderne zu verschieben, verstößt sofort gegen kath. Kirchenrecht und ist somit exkommuniziert und damit nicht mehr an der weiteren Diskussion beteiligt.
Kein Papst kann also etwas an der Hierarchie ändern, kein Bischof die Ökumene gutheißen, mit der Begründung auch der Protestantismus sei ein Glaube der zum Heil führe.
PS: Sicher werdet ihr bemerkt haben, dass dieses Kirchenrecht in der Praxis nur dann eine Rolle spielt, wenn man einen aufmüpfigen Theologen maßregeln will.
Gemeinschaften aber, die Recht ganz nach Gusto der Herrschenden anwenden nennt man zu Recht nicht Rechtsstaat, sondern Feudalherrschaft oder Diktatur.
Hitliste der drolligsten Dogmen:
- 54. Der erste Mensch wurde von Gott erschaffen.
- 59. Die Stammeltern waren vor dem Sündenfall mit der heiligmachenden Gnade ausgestattet.
- 60. Die Stammeltern sündigten durch Übertretung des göttlichen Prüfgebotes schwer.
- 61. Die Stammeltern verloren durch die Sünde die heiligmachende Gnade und zogen sich den Zorn und Unwillen Gottes zu.
- 62. Die Stammeltern verfielen dem Tod und der Herrschaft des Teufels.
- 63. Die Sünde Adams ist durch Abstammung, nicht durch Nachahmung auf alle seine Nachkommen übergegangen.
- 64. Die Erbsünde wird durch natürliche Zeugung fortgepflanzt.
(wie ist das bei In-Vitro-Fertilisation?) - 67. Gott erschuf am Anfang der Zeit geistige Wesen (Engel) aus nichts.
- 68. Die Natur der Engel ist geistig.
- 69. Die bösen Geister (Dämonen) wurden von Gott gut erschaffen; sie wurden durch ihre eigene Schuld böse.
- 70. Die sekundäre Aufgabe der guten Engel ist der Schutz der Menschen und die Sorge für ihr Heil.
- 71. Der Teufel besitzt auf Grund der Sünde Adams eine gewisse Herrschaft über die Menschen.
- 99. Maria wurde ohne Makel der Erbsünde empfangen.
(siehe auch hier: https://nachdenkzone.de/2025/10/29/wann-das-leben-beginnt/) - 100. Maria war Jungfrau vor, in und nach der Geburt.
- 101. Maria empfing ohne Mitwirkung eines Mannes vom Hl. Geist.
- 102. Maria gebar ohne Verletzung ihrer jungfräulichen Unversehrtheit.
- 103. Maria lebte auch nach der Geburt Jesu jungfräulich.
- 104. Maria wurde mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen.
- 115. Gott hat durch seinen ewigen Willensratschluss bestimmte Menschen zur ewigen Seligkeit vorherbestimmt.
- 116. Gott hat durch seinen ewigen Willensratschluss bestimmte Menschen wegen ihrer vorhergesehenen Sünden zur ewigen Verwerfung vorherbestimmt.
- 132. Der Gerechte erwirbt sich durch seine guten Werke wahrhaft Anspruch auf übernatürlichen Lohn von Seiten Gottes.
(Ganz drollig: gibt’s da ne Art Konto?) - 135. Christus hat die Kirche gestiftet, um sein Erlösungswerk für alle Zeiten fortzuführen.
- 136. Christus hat seiner Kirche eine hierarchische Verfassung gegeben.
- 139. Nach der Anordnung Christi soll Petrus im Primat über die gesamte Kirche für alle Zeiten Nachfolger haben.
- 140. Die Nachfolger des Petrus im Primat sind die römischen Bischöfe.
- 141. Der Papst besitzt die volle und oberste Jurisdiktionsgewalt über die gesamte Kirche nicht bloß in Sachen des Glaubens und der Sitten, sondern auch in der Kirchenzucht und der Regierung der Kirche.
- 142. Der Papst ist, wenn er ex cathedra spricht, unfehlbar.
- 153. Die Zugehörigkeit zur Kirche ist für alle Menschen heilsnotwendig.
- 154. Es ist erlaubt und nützlich, die Heiligen im Himmel zu verehren und sie um Fürbitte anzurufen.
- 155. Es ist erlaubt und nützlich, die Reliquien der Heiligen zu verehren.
- 156. Es ist erlaubt und nützlich, die Bilder der Heiligen zu verehren.
- 157. Die lebenden Gläubigen können den Seelen im Fegfeuer durch ihre Fürbitten (Suffragien) zu Hilfe kommen.
- 179. In der Eucharistie ist der Leib und das Blut Jesu Christi wahrhaft, wirklich und wesenhaft gegenwärtig.
- 196. Die Kirche hat von Christus die Gewalt empfangen, die nach der Taufe begangenen Sünden nachzulassen.
- 197. Durch die kirchliche Absolution werden die Sünden wahrhaft und unmittelbar nachgelassen.
- 198. Die kirchliche Sündenvergebungsgewalt erstreckt sich auf alle Sünden ohne Ausnahme.
- 199. Die Ausübung der kirchlichen Sündenvergebungsgewalt ist ein richterlicher Akt.
- 215. Die Kirche besitzt die Gewalt, Ablässe zu verleihen.
- 216. Der Gebrauch der Ablässe ist für die Gläubigen nützlich und heilsam.
- 239. Die Seelen derer, die im Zustand der persönlichen schweren Sünde sterben, gehen in die Hölle ein.
- 240. Die Höllenstrafe dauert in alle Ewigkeit.
- 242. Am Ende der Welt wird Christus in Herrlichkeit wiederkommen zum Gericht.
- 243. Alle Toten werden am Jüngsten Tage mit ihren Leibern wieder auferstehen.
- 244. Die Toten werden mit (numerisch) demselben Leib auferstehen, den sie auf Erden getragen haben.

